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24.03.2004
PRESSESPIEGEL
Rhein-Neckar-Zeitung
Samstag/Sonntag, 7. März 2004
S.10, Feuilleton
Begierde und kühle Distanz
Erotische Fotografien aus der Sammlung Edition Braus in Mannheim
Von Milan Chlumsky
Die erotische Fotografie gehört zweifelsohne zu den schwierigsten fotografischen Genres überhaupt. Zum einen, weil sie zum Allgemeingut der Werbeindustrie geworden ist und es so gut wie keine Zeitschrift gibt, die sich leisten kann, auf erotische Bilder schöner Frauen zu verzichten, zum anderem weil sich seit gut 50 Jahren die Begriffe Sexualität und Erotik vermengt haben. Es ist zunehmend schwieriger geworden, einen Akt erotisch zu finden, der dem gängigen Ideal des weiblichen (männlichen) Körpers wiedersprechen würde.
Im Mannheimer Kunstverein präsentiert jetzt der Heidelberger Verleger Günter Braus eine Auswahl aus seiner Sammlung erotischer Fotografien, die er im Laufe seiner langen verlegerischen Tätigkeit von seinen Autoren als Dank erhalten hat oder erwarb. Aus Anlass der Ausstellung im Mannheimer Kunstverein hat er außerdem seine Fotografen gebeten, ein oder zwei erotische Bilder beizusteuern, damit ihre Handschrift noch deutlicher erscheint. Etwa 30 Fotografen sind dem Aufruf gefolgt, so dass knapp an die Hundert Fotografien zu sehen sind: Darunter sind einige Meisterwerke und auch einige Überraschungen, die auf den ersten Blick mit Erotik nichts zu tun haben. Man darf also ruhig mit der Überraschung beginnen, nämlich mit Fotografien, in denen kein Körper erscheint. Henrik Spohler hat im Hamburger St. Pauli am helllichten Tag jene Zimmer und Verließe fotografiert, in denen Prostituierte ihren Lebensunterhalt verdienen. Die zweite Überraschung ist die Eintönigkeit jener weiblichen (und auch männlicher) Körper, die einer ausdruckslosen Modellierbarkeit à la Playboy nacheifern. Es bleiben also die anderen - Robert Häusser mit seinem zarten Akt Im Dienstbotenzimmer (I960), Lucien Clergue mit seiner Gabe, tausende Formen vom weiblichen Körper in der Landschaft zu finden und den weiblichen Körper seiner Models so zu formen, dass sie eins mit ihr sind, Herlinde Koebl mit einem Porträt, das keine Nacktheit zeigt und dennoch erotisch provokant dem Zuschauer in die Augen blickt oder Abe Frajndlich, der rätselhaft und dezent den Blick des Fotografen thematisiert. Die größte Überraschung sind jedoch die Arbeiten der mexikanischen Fotografin Flor Garduno. Sie absolvierte eine Ausbildung bei dem großen Meister der mexikanischen Fotografie, Manuel Alvarez Bravo. Die drei Aktfotografien in dieser Ausstellung sprechen vom profunden Einfühlungsvermögen Gardunos. Der dezente Hinweis auf die grundlegende Verbundenheit von Frau und Natur einerseits und auf das große Mysterium des Lebens andererseits, dominiert die drei Bilder. Nicht jene kühle Distanz, die wie ein alles vernichtender Funke von der Modefotografie auf die Aktfotografie schon Ende der 60er Jahre übersprang, bildet die Grundlage der erotischen Fotografie. Ganz im Gegenteil.- ein Häusser, eine Garduno, ein Lucien Clergue, eine Herlinde Koebl oder ein Abe Frajndlich wissen genau darüber Bescheid, dass Erotik nicht käuflich ist und Liebe voraussetzt, damit eine Aktfotografie gelingt.
Spannenderweise befinden sich sämtliche Facetten der sogenannten erotischen Fotografie in der Brausschen Sammlung - und das ist gut so. Erst eine Ausstellung dieses Konvoluts erlaubt zu differenzieren. Am Sonntag, 11 Uhr, wird die Ausstellung im Mannheimer Kunstverein eröffnet. Warum nicht in Heidelberg?
Collectors I, Erotische Fotografien aus der Sammlung Edition Braus, bis 20. März.
24.03.2004
PRESSESPIEGEL
Macondo
Edition Zehn, S. 69, angesehen SPECIAL
Norbert Guthier: Guthier No. 3
Intime Augenblicke
Mit MACONDO eng verbunden ist ja mittlerweile der Frankfurter Fotograf Norbert Guthier. Seine Fotos haben schon einige Ausgaben geschmückt und auch in dieser Edition Zehn ist Guthier wieder vertreten. Seine Bande mit Aktfotos, das bibliophile Bodytransfer und das spätere Kinky & Blissful wurden in unserem Rezensionsteil bereits ausführlich gewürdigt. Sträflich übergangen haben wir das gänzlich anders gelagerte, engagierte Projekt The Botanical Ark (www.botanicalark.com), das einem ehrgeizigen Regenwaldprojekt gewidmet ist, an dem Guthier viel liegt, nicht zuletzt, weil wir glaubten, dass die berauschende Farbenvielfalt dieser Arbeiten in einem schwarz-weißen Magazin nicht wirklich wiedergegeben werden konnte. Die Fotos zum Text Schattenmorellen beweisen das Gegenteil... Doch nun gibt es ganz aktuell wieder einen neuen Band mit Aktfotos Guthiers - inklusive einer Kurzgeschichte von Thor Kunkel. Kunkel, dessen Schwarzlichtterrarium einen großen Fankreis gewonnen hat und dessen für das kommende Frühjahr angekündigter neuer Roman mit großer Spannung erwartet wird, greift ein leider schon etwas abgegriffenes Sujet auf: Ein in Geheimlabors gezüchtetes Virus bringt die Menschheit dazu, sich quasi zu Tode zu vögeln. Das liest sich recht amüsant auf den Spuren von Roald Dahl, verfehlt aber letztlich in seinem Tonfall die Stimmung von Guthiers Fotos. Bereits in Kinky & Blissful überschritt Guthier Grenzen, unternahm fotografische Wanderungen auf dem schmalen Grat zwischen Erotik und Pornografie. In No 3, dessen Titel und Cover eine ironische Hommage an Chanel No 5 ist, wagt er sich noch ein Stück weiter vor. Wer in enger Definition bereits die Darstellung einer Erektion als Pornografie auslegt, sollte um dieses Buch lieber einen großen Bogen machen. Wenn man aber voraussetzt, dass Pornographie die Darstellung von Sexualität zum bloßen Selbstzweck ist, so ist - Guthier No 3 weit davon entfernt. Guthiers Fotos zeigen Momente großer Intimität. Eher klassisch sind die Posen der einzelnen Frauen, die sich Guthiers Kamera stellen, etwas wirklich Besonderes hingegen bieten die Aufnahmen der Paare. Große Zärtlichkeit und Hingebung strahlen diese Aufnahmen aus. Man merkt, dass diese Aufnahmen nicht inszeniert sind, nicht den Vorgaben des Fotografen folgen. Hier wird auch nichts geschont, keine besonders originelle „location\\\" gesucht. Und so ist es Guthier möglich, sogar Closeups von Fellatio zu zeigen, ohne dass diese in irgendeiner Form billig oder gekünstelt wirken. Zum Teil sind die Fotos sehr grobkörnig oder verwischt, doch nicht als ein Mittel der Selbstzensur, sondern um dem fotografierten Akt eine noch größere Dynamik zu verleihen. Guthiers Fotos berühren, faszinieren und - ja - sie erregen auch - und was gibt es Schöneres über erotische Fotografie zu sagen?
Frank Schorneck
24.03.2004
PRESSESPIEGEL
PRINZ
Rhein-Neckar
März 2004, S. 11
Rhein-Neckar live
Fotografien aus der Sammlung Braus
Erotische Bilder
Die Sammlung zeitgenössischer Fotografie der Edition Braus (Heidelberg) wird zum ersten Mal im Mannheimer Kunstverein ausgestellt. Auge und Person des Sammlers Braus stehen hierbei im Vordergrund der Präsentation. Durch seine langjährige Beschäftigung mit der Fotografie, der Produktion von Fotobüchern und den Umgang mit Fotografen ist eine fantastische Fotosammlung entstanden, die nun ausschnittweise der Öffentlichkeit vorgestellt wird. Kernpunkt der Sammlung sind erotische Motive. Zu jeweils einer Fotografie treten weitere Abzüge der einzelnen Autoren hinzu, woraus eine dialektische Situation zwischen Sammler und Fotograf entsteht. In der Ausstellung sind auch die Künstler Alfons Alt, Sylvie Blum, Volker Correll, Herman Försterling, Fraymond Garcia, Herline Koelbl, Bettina Rheims, Erich Spahn, Yiao Hui Wang und Vladimir Zdlicky vertreten.
Mannheim, „Collectors\\\",
Mannheimer Kunstverein,
Augusta-Anlage 58, 7.3.-20.3.
Di-So 12-17 Uhr, Tel. 0621 40 2208, Fax 0621 44 2247 www.mannheim.de/ kunstverein
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